Das „Amazon-Problem“ in der Betriebshaftpflichtversicherung

Eine Herausforderung für Händler und Makler

Seit Ende Juli sehen sich viele Amazon-Geschäftspartner mit einer neuen Herausforderung konfrontiert, die nicht nur für die Händler selbst, sondern auch für uns als Versicherungsmakler von großer Bedeutung ist. In diesem Blogbeitrag möchten wir Ihnen das sogenannte „Amazon-Problem“ in der Betriebshaftpflichtversicherung näherbringen, die Problematik erklären und Lösungen aufzeigen.

Was ist das „Amazon-Problem“?

Das „Amazon-Problem“ bezieht sich auf eine neue Anforderung von Amazon an seine Geschäftspartner. Händler, die über die Plattform einen monatlichen Bruttoumsatz von mehr als 5000 Euro erzielen, müssen eine Betriebshaftpflichtversicherung nachweisen. So weit, so gut. Das Besondere an dieser Anforderung: Amazon verlangt, dass es selbst als zusätzlicher Mit-Versicherter in dieser Versicherungspolice genannt wird.

Diese Praxis ist in angelsächsischen Ländern bereits üblich, insbesondere im Hinblick auf Produkthaftung. Die neue Regelung sorgt jedoch bei vielen Händlern für Unsicherheit und stellt auch uns als Versicherungsmakler vor neue Herausforderungen.

Die Problemstellung

Traditionell deckt die Betriebshaftpflichtversicherung Schäden ab, die durch Produkte oder Dienstleistungen eines Unternehmens verursacht werden. Doch der Onlinehandel, insbesondere über Plattformen wie Amazon, hat das Geschäftsmodell vieler Unternehmen grundlegend verändert. Hier spielen zwei Faktoren eine entscheidende Rolle:

  1. Direkter Vertrieb durch Amazon: Kunden könnten annehmen, dass Amazon selbst der Verkäufer ist, auch wenn das Produkt von einem Drittanbieter stammt. Dies kann zu einer Verwirrung über die Verantwortlichkeiten führen.
  2. FBA-Modell (Fulfillment by Amazon): Viele Händler nutzen das FBA-Modell, bei dem Amazon die Lagerung, den Versand und den Kundenservice übernimmt. In manchen Rechtsprechungen könnte Amazon als „Quasi-Hersteller“ angesehen werden, was bedeutet, dass Amazon selbst für Produkthaftungsschäden haftbar gemacht werden könnte. Gleichzeitig bleiben jedoch auch die Händler in der Verantwortung.

Amazon fordert diese Versicherungspflicht, um sich selbst vor potenziellen Haftungsschäden zu schützen, die entstehen könnten, wenn ein in der EU oder Großbritannien verkauftes Produkt fehlerhaft ist und Sach- oder Personenschäden verursacht. Mit den neuen Anforderungen sollen sowohl Amazon als auch die Verkäufer vor möglichen Haftungsansprüchen abgesichert werden.

Ein Beispiel aus der Praxis

Stellen Sie sich vor, Sie verkaufen als Händler über Amazon einen günstigen Tablet-PC, der in China produziert wurde. Eine Privatperson kauft dieses Gerät, und der Akku explodiert, was zu einem erheblichen Schaden führt.

  • Herkömmliche Betriebshaftpflichtversicherung: Normalerweise würde der Schaden nur abgedeckt, wenn der Händler als Hersteller oder Importeur des Produkts gilt.
  • Problem bei Amazon: Da der Verkauf über Amazon erfolgt ist, kann die Abgrenzung der Verantwortlichkeiten schwierig werden. Die Frage stellt sich, ob die Versicherung den Schaden deckt, wenn der Kunde Amazon als Verkäufer wahrnimmt, oder ob der Händler für Schäden haftet, die durch das Produkt entstanden sind.

Ein weiteres Beispiel könnten Rückrufaktionen sein. Wenn ein Mangel an einem über Amazon verkauften Produkt festgestellt wird, wer trägt dann die Kosten für den Rückruf, und ist dies durch die Versicherung des Händlers abgedeckt?

Lösungsansätze für Händler

Dieses Problem verlangt nach angepassten Lösungen – sowohl von der Versicherungsbranche als auch von den Händlern selbst. Hier sind einige Ansätze, die in Betracht gezogen werden sollten:

  1. Anpassung der Versicherungspolicen: Versicherungsgesellschaften müssen ihre Policen aktualisieren, um die spezifischen Risiken, die durch den Verkauf über Onlinemarktplätze wie Amazon entstehen, abzudecken. Dies könnte spezielle Produkthaftungsdeckungen für Onlinehändler beinhalten.
  2. Risikomanagement: Händler sollten klare Verträge mit ihren Lieferanten und Amazon abschließen, um Verantwortlichkeiten und Haftungsfragen zu klären. Es ist auch wichtig, dass die Produkte alle Sicherheitsanforderungen erfüllen, um das Risiko zu minimieren.
  3. Geeigneter Versicherungsschutz: Einige Versicherer (z.B. die Hiscox) haben sich bereits auf die Absicherung von Onlinehändlern spezialisiert. Beispielsweise stellt die Zurich ihren Versicherungsnehmern eine Haftungsfreistellungs-Bestätigung (hold harmless agreement) aus, die individuell angefordert werden kann und meist prämienfrei ist. Andere Versicherer befinden sich in der internen Abstimmung, wie auf die aktuelle Situation reagiert werden soll.

Fazit

Das „Amazon-Problem“ in der Betriebshaftpflichtversicherung zeigt deutlich, welche neuen Herausforderungen der Onlinehandel mit sich bringt. Als Versicherungsmakler helfen wir gerne und arbeiten eng mit Ihnen zusammen, um sicherzustellen, dass Risiken richtig bewertet und Deckungslücken geschlossen werden. Eine regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Versicherungspolicen an neue Geschäftsmodelle ist unerlässlich, um den bestmöglichen Schutz zu gewährleisten.

Für Fragen rund um dieses brandaktuelle Thema stehen wir gerne unter kontakt@vm-roeder.de zur Verfügung.


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